70 Jahre OZ

Als die Zeitungsproduktion noch Handarbeit war

Joachim Braun
|
Von Joachim Braun
| 09.10.2020 00:02 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 3 Minuten
Artikel hören:
Artikel teilen:

OZ-Chefredakteur Joachim Braun wagt einen kleinen Parforceritt durch die vergangenen 40 Jahre technische Revolution – vom Bleisatz bis zum Smartphone.

Ostfriesland - Die Geschichte von Zeitungsverlagen in Deutschland ist immer auch eine Geschichte über technische Entwicklungen. Auch wenn branchenintern gerne gewitzelt wird, dass der letzte Innovationsschub von Zeitungen die Erfindung der Todesanzeige gewesen sei, so sind doch die Veränderungen im Zeitungmachen zumindest in den vergangenen 40 Jahren vor allem von der Technik getrieben gewesen.

Bis dahin waren in den meisten ostfriesischen Verlagen Druckmaschinen im Einsatz, die jahrzehntealt und von der Technik her noch älter waren. Sogar als die OZ 1973 von der Brunnenstraße nach Logabirum umzog, nahm sie die alte Druckmaschine von 1956 mit, ergänzte sie lediglich aus Kapazitätsgründen um eine zweite baugleiche, gebraucht gekaufte Rotation, sodass nun 64 statt 48 Seiten gedruckt werden konnten.

Technische Revolution folte 1978

Die wirkliche technische Revolution folgte 1978. Damals führten der Ostfriesische Kurier in Norden, dann die OZ und ein Jahr später auch die Emder Zeitung Fotosatz ein – durchaus wegweisend für die Verlagsbranche in Deutschland. Damit hatte die jahrhundertealte Kulturtechnik des Bleisatzes ausgedient. Schriftsetzer und Metteure verloren ihre Jobs. Und noch eine technische Neuerung gab es 1979: Die OZ verband ihre Außenredaktionen per Datenfernübertragungs-Leitung, kurz DFÜ, mit der Zentrale in Leer. Computer hielten Einzug in die Zeitungstechnik und – aber erst später – in die Redaktion.

Die Geräte waren ganz anders, als man sie heute kennt: kleiderschrankgroße Ungetüme aus grauem Hartplastik mit kleinen Bildschirmen. Schwarze Schrift auf grünem Hintergrund. Hier wurden die Texte der Redakteure erfasst, anschließend auf beschichtetem Fotopapier belichtet, von umgeschulten Schriftsetzern mit dem Skalpell ausgeschnitten und auf gewachste Seiten geklebt. Die fertigen Seiten wurden abfotografiert und auf die Druckplatten projiziert. Ab 1986 waren auch diese Ganzseiten-Fotografien nicht mehr nötig. Die im Klebeumbruch montierten Seiten wurden direkt auf die Druckplatten belichtet.

Seiten werden seit 2001 komplett am PC gebaut

Aber auch der handwerkliche Teil, die sogenannte leichte Technik, war nur für den Übergang. Ab 1990 verloren die ehemaligen Schriftsetzer erneut ihre Jobs. Es musste nicht mehr geklebt und geschnitten werden, den technischen Part erledigte nun ein Redaktionstechniker am Bildschirm. Der sogenannte Ganzseiten-Umbruch wurde ab 1999 dann komplett von den Redakteuren erledigt. Seitdem reicht es für einen Journalisten nicht mehr, recherchieren und schreiben zu können. Ein gewisses Geschick im Umgang mit Redaktionssystemen, Office-Software und Ähnlichem gehört zu den Voraussetzungen für diesen Beruf.

Mit dem Ganzseiten-Umbruch kamen auch die digitale Fotoverarbeitung und das Farbfoto. Die Bilder der Fotografen mussten zwar noch entwickelt werden. Aber dann wurden sie gescannt und ins System eingelesen. Mit dem Aufkommen der Digitalkameras wurde auch das redaktionseigene Schwarz-Weiß-Labor überflüssig. Seit 2001 werden Zeitungsseiten komplett am PC oder am Laptop gebaut, inklusive der verkauften Anzeigen.

Die schöne neue Welt

Und heute, 20 Jahre später, ist alles viel einfacher, irgendwie. Gedruckt wird schon seit 17 Jahren nicht mehr bei der OZ. 1985 hatten die OZ und die lokalen Zeitungsverlage eine gemeinsame Gesellschaft, die Ostfriesische Pressedruck, gegründet, mit Standorten in Emden und Leer. Diese Partnerschaft zerfiel mit den Jahren und endete 2003. Seitdem wird bei einer NWZ-Tochterfirma in Oldenburg gedruckt und ab nächstem Jahr dann bei den Grafschafter Nachrichten in Nordhorn.

Redakteure nutzen alle modernen Kommunikationsmittel. Sie schreiben und planen am PC, am Laptop, zur Not auch am Tablet oder am Smartphone. Das Redaktionssystem bedient aus einer Hand alle Kanäle, also Print genauso wie die Mobilseite. Software-Tools helfen in sozialen Medien. Alles ist von überall bedienbar. So ist sie, die schöne neue Welt.

Ähnliche Artikel