Aurich

„Wie ein Stacheldraht um mein Herz“

Vera Vogt
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Von Vera Vogt
| 26.11.2019 20:11 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 3 Minuten
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Die OZ sammelt bei ihrer Weihnachtsaktion Geld für den Förderverein der Kontaktstelle Dwarsloopers für psychisch Erkrankte. Britta besucht sie seit Jahren. Die freundliche und aufgeschlossene Frau hat dunkle Zeiten hinter sich.

Aurich - Britta rückt vor unserem Gespräch einige Male den Stuhl zurecht. Sie legt ihre Arme vor sich auf dem Tisch ab und hat ein breites Lächeln im Gesicht – auch wenn sie uns so offen empfängt, möchte sie nicht mit ihrem richtigen Namen genannt werden. Wer diese einnehmend freundliche Persönlichkeit trifft, würde wohl nicht darauf kommen, dass Britta schon sehr dunkle Zeiten hinter sich hat.

Weihnachtsaktion der Ostfriesen-Zeitung

Unterstützen Sie mit uns den Förderverein Dwarsloopers in Aurich als Kontaktstelle für Menschen mit psychischen Erkrankungen und den Verein Theartic, der als Theaterwerkstatt auch gehandicapten Menschen jeglicher Herkunft die Möglichkeit gibt, sich künstlerisch zu entfalten.

Spendenkonto: IBAN DE 55 2855 0000 0030 0038 00, Sparkasse Leer Wittmund

Stichwort: OZ-Weihnachtsaktion 2019

„Lange konnte ich mit niemandem über meine Gefühle sprechen“, sagt die Besucherin der Kontaktstelle Dwarsloopers in Aurich für psychisch Erkrankte. Sie habe ihre psychischen und emotionalen Probleme so lange für sich behalten, „bis sie sich wie Stacheldraht um mein Herz gelegt haben“, sagt Britta.

Glaube als Anker

Die dunkelste Stunde erlebte sie auf einer Fähre von Langeoog zum Festland. Britta wollte von Bord springen, sich das Leben nehmen. „Ich weiß nicht mehr, warum ich so verzweifelt war. Aber ich hatte vorher erfahren, dass ich bei meinem Job als Zimmermädchen nicht mehr gebraucht werde“, sagt sie.

Nach ihrem Suizidversuch verbrachte Britta einige Monate in einer psychiatrischen Klinik. Das letzte mal wurde sie 2006 stationär aufgenommen. „Ich habe hier in der Kontaktstelle und durch meinen Glauben wieder gelernt, mich Menschen anzuvertrauen“, sagt Britta. Deswegen habe sie sich in den vergangenen Jahren auch besser gefühlt.

Vertrauen wieder aufgebaut

Insbesondere die Betreuung durch einen Seelsorger der Adventgemeinde Aurich habe ihr bei der Genesung geholfen. „Ich habe gelernt, dass ich über meine Gefühle sprechen muss, wenn es mir besser gehen soll“, sagt Britta. Dabei habe der Glaube an Jesus ihr Halt gegeben. „2007 habe ich mich taufen lassen“, fügt sie hinzu.

Gerade das Vertrauen zu Männern sei bei ihr durch eine schlimme Beziehung in die Brüche gegangen, sagt Britta und knetet dabei ihre Hände. „Hier bei den Dwarsloopers konnte ich hin und wieder Gespräche mit Männern aufbauen und mich rantasten. Mittlerweile rede ich hier mit jedem, das ist kein Problem mehr.“

Stütze für die Kontaktstelle

Sie spricht allerdings nicht nur mit jedem, sie ist bekannt für ihre Witze und Sprüche. Außerdem kümmert sie sich auch darum, dass alles glatt läuft. Die 54-Jährige ist eine wichtige Stütze für die Verantwortlichen der Kontaktstelle. „Ich führe Listen und kümmere mich darum, dass zum Frühstück alles da ist“, sagt sie.

Sie selbst nimmt regelmäßig an den Frühstücksrunden teil und kommt zum gemeinsamen Kochen. Angebote wie die Kunstkurse, in denen gemalt oder gebastelt wird, seien aber nichts für sie. „Da habe ich zwei linke Hände“, sagt Britta und hält sie lachend hoch. Ganz talentfrei sei sie aber nicht, fügt sie schmunzelnd hinzu. Ihr Ding sei eher die Handarbeit. „Zuhause stricke ich Socken oder Bettschuhe. Ich häkele Topflappen oder sticke. Das liegt mir“, sagt Britta.

Bei den Dwarsloopern ist niemand gezwungen an einem Angebot der Kontaktstelle teilzunehmen. Es gibt keine verbindliche Anmeldung oder Ähnliches. Gerade diese Offenheit und das Ungezwungene ist für Britta der große Vorteil dieser Einrichtung und ein Grund, warum sie sich dort so wohl fühlt. „Jeder kann kommen und gehen, wann er will. Wir sitzen zusammen oder essen etwas. Man kann aber auch für sich sein und lesen oder rätseln“, erklärt sie. Gerne würde sie bald wieder einen ihrer geliebten Ausflüge mit den anderen Besuchern der Kontaktstelle machen. „Am liebsten zu den Inseln“, sagt sie.

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