Prävention und Hilfe Mehr Gewaltopfer in Leer – der Weiße Ring schlägt Alarm
Der Weiße Ring in Leer hilft Opfern von Straftaten. Nun meldet der Außenstellenleiter einen besorgniserregenden Anstieg der Anfragen und warnt vor einer hohen Dunkelziffer.
Leer - Umfassende Hilfe für Menschen, die von Straftaten wie Körperverletzung, Vergewaltigung oder Stalking betroffen sind: Das hat sich der Weiße Ring zur Aufgabe gemacht. Nun meldet die neue Außenstelle des Vereins in Leer, die dort 2023 die Arbeit wiederaufgenommen hat, eine besorgniserregende Entwicklung. Nach Angaben des Außenstellenleiters Paul Bloem hätten die Anfragen auf Opferhilfe in den vergangenen zehn Monaten stark zugenommen. Das schreibt der Weiße Ring in einer Mitteilung.
Seit Wiederbesetzung der Außenstelle würden sieben Fälle von Körperverletzung bis hin zum Tötungsdelikt, 13 Fälle von Stalking und Bedrohung, elf Fälle häuslicher Gewalt und Missbrauch, sieben Fälle schwerer sexueller Gewalt und ein Fall von Einbruch bearbeitet, heißt es weiter. In dieser Übersicht seien allerdings nicht die 25 Fälle von intensiver Beratung enthalten, bei denen die Betroffenen momentan auf eine Anzeige verzichtet oder keine weitere Hilfe in Anspruch genommen hätten. „Hinter den Zahlen stehen jeweils dramatische Schicksale von Betroffenen, die für jede Hilfe und Unterstützung dankbar sind“, schreibt der Weiße Ring. Es sei zu befürchten, dass die Dunkelziffer von Betroffenen, die aus verschiedenen Gründen auf Anzeigen oder Opferhilfe verzichten, im Landkreis sehr hoch ist.
Drei Viertel der Hilfesuchenden sind Frauen
Damit liegt der Landkreis Leer genau im traurigen bundesweiten Schnitt. Der Weiße Ring verzeichne in ganz Deutschland deutlich mehr Anfragen von Kriminalitätsopfern. „Die rund 2700 ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in 400 Außenstellen haben im vergangenen Jahr mehr als 20.000 Fälle bearbeitet“ – eine Steigerung von annähernd elf Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Seit 2018 sei die Nachfrage sogar um fast 20 Prozent gestiegen.
Die beim Weißen Ring am häufigsten erfassten Straftaten seien Körperverletzung (36,9 Prozent) inklusive häuslicher Gewalt (19,4 Prozent), Sexualstraftaten (27,2 Prozent) und Stalking (8,1 Prozent). Gut drei Viertel der Hilfesuchenden sind Frauen.
So viele Straftaten wie lange nicht
Nicht eingerechnet seien sogenannte Wiederholerfälle, bei denen Mitarbeitende des Weißen Rings die Betroffenen manchmal über Jahre betreuen. In der Statistik fehlen zudem die Fälle, die über das bundesweite Opfer-Telefon oder die Onlineberatung beim Weißen Ring ankommen. Rechnet man diese beiden Anlaufstellen mit ein, gab es bei dem Verein 2023 insgesamt 43.279 neu angelegte Opferfälle (2022: 40.379).
Dass Straftaten zunehmen, geht auch aus weiteren Erhebungen hervor, schreibt der Weiße Ring: Erst vor kurzem hatten Bundesinnenministerium und Bundeskriminalamt die polizeiliche Kriminalstatistik für das Jahr 2023 veröffentlicht und den höchsten Stand an Straftaten seit 2016 gemeldet. Im Vergleich zum Vorjahr stieg die Zahl der polizeilich erfassten Kriminalfälle demnach um 5,5 Prozent.
Außenstelle in Leer sucht ehrenamtliche Helferinnen und Helfer
Um solchen Entwicklungen entgegenzuwirken, seien vorbeugende Maßnahmen wichtig. Das hat sich auch die Außenstelle Leer nun auf die Fahne geschrieben. „Neben der Opferarbeit würde die Außenstelle auch gerne viel stärker in der Prävention arbeiten“, so Paul Bloem. Bereits jetzt werden Vorträge und Informationen zu allen Themen der Kriminalprävention in Vereinen, Kirchengemeinden, an Altennachmittagen oder auch in Jugendtreffs angeboten.
Aber: „Der Bedarf an kompetenter Hilfe für Kriminalitätsopfer ist da, und er nimmt immer weiter zu“, so der Außenstellenleiter. Zur Verstärkung der Arbeit in der Opferhilfe bräuchte es deshalb weitere engagierte ehrenamtliche Helferinnen und Helfer. Interessierte können sich per Mail an bloem.paul@mail.weisser-ring.de an die Leeraner Außenstelle wenden.
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